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Haus Moriah Haus2 Ausstattung 1944

Dachau-Altar Grafik

Ehemalige Häftlinge berichten von der Ausstattung der Kapelle im Jahr 1944:

(Quelle: Hans-Karl Seeger, Der Dachau-Altar in der Lagerkapelle des Konzentrationslagers Ausgangs- und Zielpunkt religiösen Lebens, In: Rundbrief Nr. 50 des IKLK, Februar 2005. Der Rundbrief Nr. 50 kann bezogen werden vom Internationalen Karl Leisner-Kreis - IKLK.)

Johann Lenz:
Mit der ärmsten Einrichtung, mit wahrhaft bethlehemitischer Armut hatte unsere Kapelle begonnen. Aber es blieb nicht dabei. Drei Jahre später hatte sie eine Ausstattung, die auch einer Stadtkirche Ehre gemacht hätte. Auf legalem Wege konnte nicht viel hereinkommen und auch dies Wenige kam zumeist auf Anregung der Priester. Vieles kam ungefragt herein - auf dem Wege der Pakete oder durch "Tarzisiuswege" über die Plantage.
Noch mehr aber wurde im Lager selbst beschafft. Hier wurde es hergestellt. Alle möglichen Facharbeiter und Künstler waren in Dachau zu finden. Aber auch alles denkbare Material war hier aufzutreiben. Man mußte nur den rechten Mann finden, der das Material beschaffte, den rechten Mann, der es bearbeitete. Das ging nur auf dem Weg der "Organisation". Die Priester hatten seit Ende 1942 Lebensmittel und Rauchwaren aus ihren Heimatpaketen und auch Geld. Solche Dinge bahnten den Weg. Es war ein Weg zahlloser kleinerer und größerer Opfer, aber es galt unserem Heiligtum,' unserer Kapelle.
Wohl fanden wir auch Arbeiter und Helfer, die uns sehr selbstlos beigestanden sind. Aber wir wollten und durften ihren Edelmut nicht ausnützen. Wir setzten vielmehr Großmut gegen Großmut, und glänzend gedieh das Werk.
Dachau Kapelle Zeichnung Dez 1944
Dachau Kapelle Zeichnung Dez 1944
Etwa ein Jahr lang hatten wir jeden Samstagnachmittag, der im allgemeinen für viele arbeitsfrei war, einen Schreiner beschäftigt. Eigentlich waren es zwei: [A. Wohlmuth] ein Steirer und, als dieser zum Militär mußte, ein Oberösterreicher [Alois Urz]. Jahraus, jahrein auch einen Gärtner aus Innsbruck für den Blumenschmuck der Kapelle. Besonders an Festtagen überraschte uns oftmals eine herrliche Blumenpracht auf beiden Altären. Dann war wiederum ein Elektriker nötig, um heimlich neue Lichter oder Umleitungen anzubringen oder schadhafte Stellen auszubessern. Dann brauchten wir einen Maurer, Schneider, Glaser...
"Beide Altäre?" - Neben dem Hauptaltar links in der Ecke, diagonal zum Raum, stand nämlich der schöne Marienaltar. Die herrliche Marienstatue hatte den Anlaß dazu geboten. In langwieriger Arbeit hatten unsere Tischler für beide Altäre, die aus Lagertischen bestanden, eine würdige Verkleidung geschaffen. Ihre Vorderseite war ein in breitem, dunkelbraunem Holzrahmen eingespanntes silbergraues Halbseidentuch. Später auch noch bei der Kredenz. Die Vorderseite des Hochaltares erlebte ferner einen wechselnden Schmuck. Erst anfangs Jänner 1942 hatte das Christusmonogramm den damaligen Lagerführer in Raserei versetzt. Nun gab es dafür neue liturgische Zeichen und Worte, ständig wechselnd nach den Festzeiten des Kirchenjahres. Kaplan Steinbock verstand es, sie herzustellen in Silber- und Goldpapier, sie kunstvoll zu fassen und anzuheften.
An Material jedoch - was jeden überraschen wird - war vielfach kein Mangel. Die Raubkammern der SS waren überreich gefüllt. Dinge, die draußen in der Freiheit längst nicht mehr zu bekommen waren, konnte man hier beschaffen. Noch im Februar 1945 hatten wir z. B. mit bestem Maschinenöl den Fußboden unserer Kapelle eingeölt. Geheimnis der "Organisation". Wir haben natürlich all diese Dinge einem gewissenhaft überlegten und vernünftigen Zweck zugeführt. Es war das gerechte Streben des Selbstschutzes für unsere leiblichseelische Selbsterhaltung.
27. Februar - 1. Fastensonntag: Weihe des neuen Altarkreuzes aus Münster. Es war vermittelt durch H. Reinh. Friedrichs, den Fastenprediger dieses Jahres.
19. März - St. Josef-Relief, von P. Mak. Spitzig (Trappist) verfertigt - im "Kommando Schnitzerei" [in der DAW].
8. April - Karsamstag: Neue Lampen fürs “Ewige Licht!”
Im Jahre 1943 war dieser [erste] Tabernakel zu klein geworden. Er wurde Ostern 1944 durch eine fachgemäße Kunstschreinerarbeit aus Birnbaumholz ersetzt (40 x 40 x 28 cm groß). Er war von rotbrauner Farbe, fein poliert, mit Einlegearbeit geschmückt und zweitürig. Auch trug er vorne eine Strahlensonne, aus Messing gestanzt und zwei anbetende Engel, aus Kupferblech geschnitten.

Eike Christian Lossin:

Dachau Tabernakel 1944
Dachau Tabernakel 1944

Der Tabernakel, wie auch die Leuchter und die Leuchterbänke wurden aus Birnbaumholz, einem feinwüchsigen, durchaus teuren Edelholz, hergestellt. Auf den beiden Türen des Tabernakels befanden sich, wie auch schon beim ersten Exemplar je eine Engelsfigur, die, aus Kupferblech ausgestanzt, auf einem dreistufigen Sockel kniend in Gebetshaltung die Köpfe zueinander neigten. Im Gegensatz zur ersten Version der Verzierungen auf den Tabernakeltüren waren diese als Marketerie ausgeführt. Der Eindruck eines dreistufigen Sockels wurde durch je drei hellere Furnierplättchen erreicht, die in horizontaler Ausrichtung und abgestimmter farblicher Auswahl einen räumlichen Effekt erzielten. Über den Engelsfiguren war eine halbkreisförmige Sonne aus Messingblech eingelegt worden. Der übrige Raum auf den Türflügeln wurde von dunkelrot gebeiztem Birnbaumfurnier eingenommen. Die Traversen [Querbalken] und Lisenen [Leisten], gleichzeitig die horizontalen und vertikalen Außenkanten des Bodens, des Deckels sowie der Wände, grenzten sich durch ihren wesentlich helleren, gelben Farbton von den Türen ab. [...]

Dachau - Fuß eines Leuchters 1944
Dachau - Fuß eines Leuchters 1944
Die zweistufigen Leuchterbänke, von je ca. 60 cm Länge und ca. 17 cm Höhe bestanden, genauso wie die sechs 50 cm hohen Leuchter, ebenfalls aus Birnbaumholz. Etwa einen Monat nach Aufstellung erhielten der Hochaltar und der Marienaltar "elfenbeinfarbene Hintergründe" in der Art von Paravents. Die hinter dem Hochaltar aufgestellte Wand war als dreiteilige Rahmenkonstruktion ca. 4 m lang und erreichte Deckenhöhe. Der hinter dem Marienaltar stehende Paravent war von gleicher Höhe und lediglich ca. 1 ,5 m breit.

Johann Lenz:
Hinter diesem Sakramentshäuschen ragt ein Kruzifix empor, 1.25 x 0.72 x 0.08 m groß. Eine Spende der Männerkongregation aus der Münsteraner Künstlerschule. Es ist ganz aus Eichenholz und etwas zu dunkel gebeizt. Der Altar selbst ist 2 x 1 x 0.75 m groß. 50 cm sind frei für den Opfertisch (mensa). Rechts und links vom Kreuz je drei schöne Kerzenleuchter aus Holz ebenfalls Lagerarbeit. Der ganze Altar stand seit 1941 auf einem Podium (3 x 3 x 0,15 m) aus Tannenholz.
Rechts vom Altar stand die Kredenz, die 1,10 x 0,88 x 0,80 m groß war. Ein dreiteiliger Sockel erhob sich auf der Rückseite. Darauf war jeweils ein Herz-Jesu-Bild, ein Josefs-Relief (20 x 40 cm - von P. Spitzig O.S.B. im Lager geschnitzt), ein Bruder-Konrad-Bild u. a., mit Blumen geschmückt, zur Verehrung ausgestellt. In den letzten Monaten des KZ wurde die Kredenz sogar sehr häufig als dritter Meßaltar benützt.
Links vom Hochaltar sah das Predigtpult in den Kapellenraum. 1,42 m hoch und 52 cm breit stand es auf einem Podium von 100 x 75 x 20 cm Größe. Zwei Schritte weiter hatte zumeist das Harmonium seinen Platz. [...]

 

 

 
 

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