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PVgEq2007 06 Fehlende theologische Erarbeitung
Aus: Brief an P. M.vom 25.5.1953

Wenn ich recht sehe, hat die Theologie sich bislang mit dieser Frage kaum auseinandergesetzt. Jedenfalls finde ich bei den Autoren, die mir zur Verfügung stehen, dazu keine klare und eindeutige Stellungnahme. Bei der Bedeutung des Vorsehungsglaubens für die heutige Zeit und bei unserer Sendung nach der Richtung wäre es eine überaus dankenswerte Aufgabe, hier eine Lücke zu füllen, d.h. eine wissenschaftlich exakte Antwort auf den eindeutigen Fragenkomplex zu geben, nachdem gründliche Untersuchungen darüber angestellt sind, und sie in die öffentliche Diskussion zu bringen. Das praktische Leben könnte daraus in hervorragender Weise befruchtet werden. Schon lange habe ich gebeten, es möchte auf unserer Hochschule ein Fachmann des Vorsehungsglaubens erstehen, so, wie wir in P. Köster einen Fachmann des Liebesbündnisses vor uns haben.(...)

Wir können den gezeichneten Lebensvorgang auch umkehren und ihn noch deutlicher positiv sehen. Dann stehen wir bewundernd vor einem Menschen, der alle Äußerungen der göttlichen Vorsehung, sowohl der providentia generalis als auch specialis und specialissima, allzeit gläubig umfängt. Der Glaube als radix, initium, fundamentum omnis justificationis ist dadurch ständig in Tätigkeit und wird so tragfähig für ein großes Gebäude des übernatürlichen und innerlichen Lebens. So sieht der Heilige aus, der in der Schule des praktischen Vorsehungsglaubens am heutigen Leben emporwächst und mit anderen konkurrieren kann, die ihre Nährkraft aus außergewöhnlichem Eingreifen Gottes in das Leben aus Visionen und Wundern schöpfen.

Wenn wir eine Legitimierung unseres Vorsehungsglaubens durch den Hl. Vater für die heutige Zeit erstreben, so hat das nur einen Sinn, wenn wir diesen Glauben in all seinen Äußerungen, d.h. in den Äußerungen der providentia generalis, specialis und specialissima auf die Wurzel des theologischen oder übernatürlichen Glaubens zurückführen dürfen.

Es (9) mag sein, daß sich die Theologie bisher mit diesen und ähnlichen Fragen zu wenig auseinandergesetzt hat. Damit berühren wir die Klage weitester einflußreicher Kreise, die nicht müde werden, darauf hinzuweisen, daß unsere heutige Theologie zu weit vom Leben absteht, daß sie nicht die schöpferische Kraft hat, die heutigen Lebensfragen klar zu sehen und von Gott aus neu zu beleuchten.

Deswegen mein persönlicher Ruf nach begnadeten Theologen aus unseren Reihen, die sich der angeschnittenen wühlenden Fragenkomplexe annehmen. Es will mir sogar dünken, daß Kirchenlehrer der Zukunft auf diesem Gebiete, sowie auf verwandten Feldern, einmal ihre Lorbeeren pflücken dürfen.

In: Hug: SchöGeh, 29

Aus:
Praktischer Vorsehungsglaube als Erkenntnisquelle
Kleine Kentenich-Text-Sammlung
Zusammengestellt von Pater Herbert King (März 2007)

Eingestellt von
O B
KM
Eingestellt am: 21.11.2009 16:02
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