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Haus Moriah Nachrichten Apostelgeschichte 2019-13 24-02

Apostelgeschichte 2019


 

 Pfarrer Kurt Faulhaber 

 

24. Februar Catequesis Familiar

Apg2019
Bischof Nann nimmt mich mit zum Sommertreffen der “Catequesis Familiar” in Lima: Es sind die Verantwortlichen aus verschiedenen Diözesen Perus. Es gäbe vieles über diese Initiative zu schreiben. Ich beschränke mich auf eine Kurzdarstellung (verzichte z.B auf ihre Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte und beschreibe die heutige Art dieser Katechese), um sie dann ins Gespräch mit der Pastoral am Puls zu bringen.

1. Die CATEQUESIS FAMILIAR = Familienkatechese

Sie begann vor 40 Jahren als eines der nachkonziliaren Projekte der Evangelisierung. Sie setzt an bei der Erstkommunionvorbereitung. Sie geht davon aus: Die ersten Katecheten der Kinder sind ihre eigenen Eltern. Meist muss man am Nullpunkt anfangen: die Eltern führen selber kein religiöses Leben. Und häufig wachsen die Kinder in problembeladenen Familienverhältnissen auf. Das braucht einen längeren Prozess, der nicht nur der Glaubensvermittlung, sondern auch der Hilfe oder Heilung kranker Verhältnisse dient.

Die Eltern der KInder treffen sich in kleinen Gruppen – wöchentlich, zwei Jahre lang! Die Treffen werden geleitet von engagierten Laien der Catequesis Familiar. Thema ist ihr konkretes Leben, Armut, Konflikte. Zunächst und überwiegend kommen die Frauen. Hier lernen sie, sich auszusprechen, ihre Bedürfnisse und Rechte insbesondere den Männern gegenüber zu vertreten. Sie leiden unter Machismo, Arbeitslosigkeit, arbeitsplatzbedingter Abwesenheit der Väter, Alkohol, Gewalt.

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Sie lernen, mit ihren Kindern zu beten, Glaubensfragen zu besprechen. Dazu werden entsprechende Materialien verwendet. (Bischof Nann ist zur Zeit sehr engagiert an einer Überarbeitung dieser Bücher.)

 

 

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Die Methode ist der bekannte Dreischritt aus der katholischen Arbeitnehmerbewegung: SEHEN: die Realität, wie sie ist und was sie erfordert. URTEILEN: das Evangelium gibt Orientierung, wie diese Realität zu beurteilen und zu beantworten ist. HANDELN: Das Erkannte umsetzen, auch in gemeinsamen Projekten.

Die Wirkung der Catequesis Familiar besteht zum einen darin, dass viele lernen, anders mit familiären Konflikten umzugehen bis hin zu Heilungen beschädigter Familien, dass bei einigen ausgesprochene Bekehrungen geschehen, viele den gelebten Glauben und das Gebet neu entdecken. Und die Kinder lernen einen gelebten Glauben kennen.

Man bezieht möglichst die ganze Familie ein; das erste Jahr baut auf der Taufe auf, so dass auch die Möglichkeit besteht, dass Erwachsene getauft, zur Kommunion geführt oder ihre bestehende Ehe kirchlich geschlossen wird.

Die in den zwei Jahren entstandenen Gruppen bestehen zum Teil weiter in christlichen Hausgemeinschaften oder werden in bestehende Pfarreigemeinschaften integriert. Dadurch ist die Catequesis Familiar auch ein Weg der Gemeindeentwicklung.

Die Catequesis Familiar hat sich in mehreren lateinamerikanischen Ländern ausgebreitet.

Im Moment und auch bei diesem Treffen standen Schwierigkeiten im Vordergrund. Wie man sich denken kann, sind die 2 Jahre und wöchentlichen Treffen eine riesige Hürde. Da braucht es Pfarrer, die von diesen Weg total überzeugt sind, die Eltern dafür gewinnen können und nicht “nachgeben”. Aber dem Grossteil der Pfarrer ist die weniger aufwändige und durch Tradition legitimierte einjährige Vorbereitung der Kinder der leichtere Weg. (Sie besteht im wöchtenlichen Sonntagsgottesdienst der Kinder mit vorangehender Katechese, ist also eine ausgesprochene Sakramentenkatechese.)

Neben den Pfarrern sind es auch Bischöfe, die der Catequesis Familiar misstrauisch gegenüberstehen. Ihnen ist die Betonung des Sozialen, das durchaus auch ortspolitische Projekte einschliesst, die Stärkung der Rolle der Frauen (Vorsicht: Gender!) unerwünscht, sie wittern Befreiungstheologie. Nach ihrer Auffassung müssen die Kinder in der Katechese die Glaubenswahrheiten lernen und auf den gläubigen Empfang der Sakramente vorbereitet werden. Das führte schon mehrfach dazu, dass ein neuer Bischof die bestehende Catequesis Familiar kurzerhand abschaffte – ein grosser Schmerz für darin engagierte Laien.

Auf Bischof Nann richten sich da Hoffnungen: Er ist der erste Bischof in Peru, der selber als Pfarrer sehr engagiert war in der Catequesis Familiar.

2. CATEQUESIS FAMILIAR und PASTORAL AM PULS im Gespräch

Es kann hier weniger ums Vergleichen gehen, erst recht nicht um ein Beurteilen. Eher um neue Fragestellungen und Anregungen.

Für mich stellte sich die Frage vor allem nach dem Handeln Gottes.

Davon war weniger die Rede als von menschlichen Erfahrungen, Schwierigkeiten, Methoden. Als ich Bischof Nann danach fragte, nannte er vor allem die Bekehrungen, die auf diesem Weg immer wieder geschehen. Und neuerdings die Tatsache, dass mit ihm zum ersten Mal einer Bischof wurde, der aus der Familienkatechese kommt.

Am Ende der abschliessenden Eucharistiefeier lud Bischof Nann zu Zeugnissen ein. Ein Mann tat es; allerdings war sein Zeugnis keine Erfahrung aus der Familienkatechese, sondern eine Gebetserhörung bei seiner kranken Mutter.

Ich stellte etwas provozierend die Frage: Die Catequesis Familiar ist ein gut entwickeltes und bewährtes System, arbeitet mit sich verbessernden Materialien, praktiziert Evaluation (darin eigentlich deutschem Vorgehen verwandt); muss man nur alles möglichst gut machen, dann handelt auch Gott?

Am meisten perfektioniert hat das Mallon, der eine sehr erfolgreiche Gemeindeentwicklung in einer kanadischen Stadt in Gang gesetzt hat und derzeit in Deutschland viel Beachtung und wohl auch bald Nachahmung findet. Er gebraucht das Bild vom Kopierer (ich spitze es noch etwas zu): Wenn man ein Kopiergerät hat, das mit allen neuesten Möglichkeiten ausgestattet ist, dannn macht man optimale Kopien. Wenn man alle Erkenntnisse, Erfahrungen und erfolgreichen Methoden in der Gemeindearbeit einsetzt, dann kommen wachsende und evangelisierende Gemeinden heraus. Noch einmal die Frage: Wenn man alles möglichst perfekt macht, dann handelt auch Gott? Eine Abwandlung des bekannten Spruches “hilf dir selbst, dann hilft dir Gott!” ins Pastorale?

Man kann dieselbe Frage an Schönstatt stellen, an jede Gliederung der Kirche, ja, an die Kirche insgesamt. Müssen wir nur alles besser machen – ob bessere Liturgie oder bessere Verwaltung, ob bessere Predigten oder bessere Öffentlichkeitsarbeit – dann macht schon auch Gott das Seine?

Gewiss, alle sind sich einig: ohne Gott geht nichts – wie der beste Kopierer nichts schafft ohne Strom; er geht all unserem Tun voraus. Und was gelingt, verdanken wir ihm. Aber es macht doch nachdenklich, dass es um ein vielfaches mehr um unser Tun und unsere Probleme geht als um das schlichte Anerkennen all dessen, was Gott bewirkt.

Um der Spannung zwischen dem Handeln Gottes und menschlichen Methoden und Systemen gerechter zu werden, hilft mir die Theologie der “shapes of freedom” (ich ergänze gerne … and love, “Gestalten der Freiheit und Liebe”):

Gottes Geist wirkt in Menschen durch Inspiration. Wo sich diese dem Wirken des Geistes öffnen und von innen heraus von ihm leiten lassen, nimmt das Wirken des Geistes durch sie Gestalt an. Gemeinschaften enstehen, die Projekte ins Leben rufen. Werke werden geschaffen, Bewegungen ausgelöst usw. Die nehmen eine bestimmte Gestalt an, haben ihre Struktur, ihre Methoden, entwickeln ihre Traditionen. Entscheidend ist, dass sich hier der Geist Gottes wirksame Gestalten schafft. Das Kriterium, ob diese Gestalten vom Geist Gottes stammen und ob der Geist weiter in ihnen wirksam sein kann, ist, ob es sich um Gestalten von mehr Freiheit, von mehr Liebe handelt. Das müssen also nicht nur religiöse Gruppen und Werke sein, das können z.B. Initiativen für Flüchtlinge, für den Schutz der Umwelt, die Rechte von Minderheiten sein. Entscheidend ist immer: wirkt in ihnen der Geist der Freiheit und der Liebe? Von daher möchte ich auch die Catequesis Familiar verstehen.

Ich denke: Alle diese Gestalten haben auch ihre Krise. Mit einem drastischen Wort von Pater Kentenich:

Der Geist schafft sich eine Form. Aber dann frisst die Form den Geist auf.

Das lässt sich auf vieles übertragen:

Der Geist schafft Leben, und Leben bringt Strukturen hervor, Systeme, Methoden, Traditionen … Das muss so sein, um Leben zu schützen, zu fördern, zu erhalten; um die Realitäten und bestehenden Verhältnisse zu verändern. Aber dann fressen alle diese Strukturen …. den Geist auf.

Das habe ich aus der Begegnung mit der Catequesis Familiar gelernt:

Die grösste Gefahr für die Pastoral am Puls ist:

Wir gehen aus vom Handeln Gottes und wollen Mithandelnde Gottes sein. Aber dann nimmt das Mithandeln von uns überhand und verdunkelt das Handeln Gottes.

Die Bedeutung eines Imperativs von Pater Kentenich geht mir auf (aus der Erinnerung zitiert):

Verbinde so Geist und Form miteinander, dass stets der Geist die alles beherrschende Grossmacht bleibt.

Und dieser Aspekt seines Kirchenbildes:

eine durch und durch vom Geist geleitete Kirche.

 

 

Fortsetzung

 

 
 

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