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Haus Moriah Nachrichten Polenreise 2018 07

 Mein Besuch bei unseren polnischen Mitbrüdern 13.-24.2.2018

Generalrektor Dr. Christian Löhr

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Montag, 19.2.2018

Da ich die Weckzeit in meinem Handy-Wecker gestern nicht gespeichert hatte, hätte ich heute beinahe verschlafen. Gottlob komme ich gerade noch zurecht ins Heiligtum für die Morgenmesse, der ich heute in Latein vorstehen soll. Ich bin überrascht, dass doch nicht, wie angekündigt, nur die Schwestern, sondern auch einige andere Leute gekommen sind und dass sie die lateinischen Antworten gut geben können.

Nach dem Frühstück holt mich, wie vereinbart, unser Mitbruder Sbyszek Dudojc mit seinem Auto ab. Da er nur Polnisch und wenig Englisch spricht, wird es heute rein sprachlich interessant werden. Wir fahren etwa 60 Kilometer südlich in seine Pfarrei Turowo (Thurow).

Turowo, Sbyszek mit seiner Mutter Teresa
Turowo, Sbyszek mit seiner Mutter Teresa
 

Dieser kleine Ort liegt bei Szczecinek (Neu Stettin), wo eine riesige Holzwerkstoffe-Fabrik steht und mehrere Schornsteine bedenklichen Rauch in die Luft blasen. Der Besitzer ist der Österreicher Kaindl, der am Bau des Exerzitienhauses in Koszalin beteiligt war, mit seinen Rohstoffen als auch mit Krediten, die er abschreiben konnte.

Turowo Pfarrhaus
Turowo Pfarrhaus

Im Pfarrhaus in Turowo begrüßt uns die Mutter von Sbyszek, Frau Teresa Dudojc. Sie ist eine liebenswürdige, rüstige 74jährige. Sbyszek führt mich durch sein Pfarrhaus. Unten ist ein Raum mit großem Tisch und 16 Stühlen für größere Zusammenkünfte. Im ersten Stock hat er seinen Privatbereich.

Voller Stolz zeigt er mir mehrere Modellboote (Fregatten), die er selbst gebastelt hat. Außerdem hat er eine umfangreiche Sammlung klassischer CD's, vor allem Aufnahmen mit Herbert von Karajan, für die er in seinem Wohnzimmer eine gute Stereoanlage mit vier Lautsprechern in jeder Zimmerecke hat. Außerdem sehe ich ein Schachbrett mit aufgestellten Figuren. Er sagt, dass er immer schon mehr an Mathematik und Physik interessiert war, als an humanistischen Fächern und Sprachen. In seiner Freizeit geht er gern angeln an den vielen Seen, die es hier gibt und von denen ich einige zu sehen bekomme.

Turowo Sbyszek in seiner Pfarrkirche
Turowo Sbyszek in seiner Pfarrkirche
 

Turowo Pfarrkirche
Turowo Pfarrkirche
 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wir besuchen seine Pfarrkirche St. Josef, die bitterkalt ist. Wie fast alle Kirchen dieser Gegend war auch sie bis zum Kriegsende die Ortskirche der deutschen-evangelischen Gemeinde. Wir beten miteinander den Angelus und fahren in seine etwa zwei Kilometer entfernte Filialkirche in Wilcze Laski (Wulfflatzke). Die asphaltierte Straße hört irgendwann vor dem Dorf auf und es gibt nur noch einen Sand-Schotter-Weg.

Wilcze Laski vor der Filialkirche Allerheiligen
Wilcze Laski vor der Filialkirche Allerheiligen
Wilcze Laski Farbfenster mit deutscher Inschrift
Wilcze Laski Farbfenster mit deutscher Inschrift
 

Weil Sbyszek den Kirchenschlüssel vergessen hat, fahren wir zu einem großen Gehöft, wo eine gute katholische Familie mit neun Kindern wohnt, die einen Kirchenschlüssel hat. Die Kirche mit dem Patrozinium Allerheiligen ist ein hübsches Kirchlein mit schmucker Holz-Innenausstattung. Die drei Farbfenster im Presbyterium haben noch deutsche Inschriften.

Deutsche Inschrift
Deutsche Inschrift

Von hier führt unser Weg nach Borne Sulinowo (Gross Born). Dieser Ort wurde von den deutschen Truppen für militärische Zwecke gebaut und nach dem Krieg von der Roten Armee weitergenutzt. Unter den Sowjets war er Sperrgebiet. Tatsächlich atmet hier noch alles den Hauch des Kommunismus und Militarismus. Kurz vor der Stadt besuchen wir einen sowjetischen Friedhof mit einem Pistolen-Denkmal.

Borne Sulinowo, Karmelkloster
Borne Sulinowo, Karmelkloster

 

 

Dann müssen wir etwas suchen, bis wir das Karmelkloster Siostry karmelitanki Matki Bozej Pojednania finden. Nach dem Abzug der Sowjets 1992 sind eine handvoll Karmelitinnen hierher gekommen, um diesen kriegerischen Ort zu beseelen und zu befrieden. Sie haben ein schmuckes Klösterchen mit Turm gebaut. Die Kirche können wir sehen. Es ist ein schlichter Bau mit zwei Flügeln, einen für die Gläubigen, in der Mitte der Altar und daran angewinkelt und durch ein Gitter mit Vorhang getrennt der Kapellenteil für die Schwestern. Der Raum ist geschmückt mit einigen zeitgenössischen Ikonen.

 

 

 

Borne Sulinowo, Pile-See
Borne Sulinowo, Pile-See
Dieses Kloster liegt nicht weit vom See Pile entfernt. Wir gehen in einem nahen Hotel-Restaurant zum Essen und unterhalten uns dabei intensiv über die Inhalte des Gruppentreffens mit den polnischen Mitbrüdern letzten Samstag und was sie für die Zukunft heißen könnten.

 

 

 

 

Borne Sulinowo, ehemaliges Clubhaus
Borne Sulinowo, ehemaliges Clubhaus
 

Anschließend laufen wir ein Stück um den See bis zum ehemaligen Offizierskasino und Clubhaus aus deutscher Zeit. Auch die Russen haben dieses Gebäude mit großem Tanzsaal zum See hinaus noch genutzt. Heute ist der ganze, immer noch imposant wirkende Bau, einsturzgefährdet. Die Türen der Eingänge fehlen und nichts ist abgesperrt, so dass wir in dem großen Haus herumgehen können. Überall liegt Bauschutt von eingefallenen Bauteilen.

 

Borne Sulinowo. Pfarrkirche im ehemaligen Kinosaal
Borne Sulinowo. Pfarrkirche im ehemaligen Kinosaal

 

Beim Hinausfahren aus Borne Sulinowo betreten wir noch die katholische Kirche. Damals 1992 war der katholische Pfarrer der erste Mensch, der nach dem Abzug der russischen Armee in diesen verlassenen Ort gekommen war. Er hat eine Notkirche im Kinosaal eingerichtet, wo sie noch heute ist. Beeindruckend sind drei große Kronleuchter, die aus dem Offizierskasino stammen.

 

 

 

Szczecinek, Bunker
Szczecinek, Bunker
 

Wir fahren nach Szczecinek (Neu Stettin), um am Stadtrand einen alten Bunker aus dem zweiten Weltkrieg zu besuchen. Der Betonkoloss steht auch 80 Jahre nach der Erbauung noch beeindruckend da, davor ein Panzer und einige Haubitzen.

 

 

 

Nochmals fahren wir ins Pfarrhaus von Sbyszek, trinken Kaffee, unterhalten uns und genießen Lasagne und Salat, die eine Dame aus der Pfarrei vorbeigebracht hat. Dann fährt mich Sbyszek wieder nach Gora Chelmska zurück.

Fortsetzung 

 

 
 

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