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EK2004-60 - Maria als Mutter der Kirche
Aus: J. Kentenich, Vortrag zur symbolischen Grundsteinlegung, 8.12.1965.

Auch hier darf ich daran erinnern, wie stark man auf dem Konzil gekämpft hat, um zu überlegen, welche Funktion denn die Gottesmutter dieser Kirche gegenüber hat. Manches mal schien es, als wollte man überhaupt keine Mutterfunktion anerkennen; manches mal schien es, als hätte man den Einebnungsgedanken, den Einheitsgedanken - wir kennen ihn ja: Volk Gottes – so einseitig gesehen, dass die Gottesmutter höchstens aufgefasst wurde, höchstens anerkannt wurde als das vollkommenste Glied des Volkes Gottes. Also von Mutterschaft offenbar kein Sinn, kein Gedanke mehr.

Von hier aus dürfen Sie sich wieder innerlich überzeugt halten, dass es sich hier tatsächlich nicht drehte formell um eine metaphysische Durchschau der Vorgänge; es drehte sich immer um das lebensmäßige Bild, das die Kirche von sich selber trug. Also auch hier beim Marianischen: Wie sieht die Kirche die Mutterfunktion, das heißt, wie sieht die heutige Kirche, wie die Gläubigen, wie die Konzilsväter als Exponenten des heutigen Volkes, des heutigen Kirchenvolkes, wie sehen diese Exponenten die Mutterfunktion der Kirche (gegenüber)? Genau wie vorher die Frage: Wie sehen sie als Exponenten des Kirchenvolkes das Wesen der Kirche, das Bild, die Züge der Kirche?

Die Antwort:

Eine große Unsicherheit, eine große schwere Diskussion. Viele haben gemeint: Nun sind wir daran, das Marienbild in protestantischer Schau gefärbt zu sehen; nun sind wir auf dem Wege, das Bild der Gottesmutter so zu verzeichnen, dass die neue Kirche überhaupt keine Mutterfunktion kennt und nennt und sich davon abhängig weiß. Mehr und mehr ist aber dann Klarheit ausgebreitet worden. Und hier, meine ich, dürften wir dem Heiligen Vater in hervorragender Weise dankbar sein.

Mehr und mehr klärten sich die Gedanken wohl so: Stellung der Gottesmutter zur Kirche ganz allgemein und Anwendung dieser Kirche auf heute: Gottesmutter ist zweifellos das vollkommenste Glied der Kirche. Das ist wohl allseitig anerkannt worden als Tradition, Erbgut, das die Kirche immer wohl festgehalten, zum Teil auch vom Protestantismus übernommen worden ist.

Ist sie aber auch die Mutter der Kirche? Das heißt: Ist sie Mutter im eigentlichen Sinne und ist sie Muster der Kirche? Mehr und mehr ist die Kirche sich wieder bewusst geworden, dass in ihrem Gefüge auch die alten Auffassungen noch lebendig waren. Die Gottesmutter, das Muster der Kirche, was will das heißen?

Die Gottesmutter, sie ist zwar Mutter der Kirche, aber auch die Kirche ist Mutter. Sie ist also Mutter der Kirche, so wie die Kirche Mutter ist. Und wenn sie Mutter der Kirche ist, dann ist sie eben nicht nur Muster dieser Kirche, sondern auch Mutter mit der Erzeugungsmacht und -gewalt dieser Kirche. Wenn Sie diese drei Gesichtspunkte, (diese) drei Ausdrücke festhalten, dann werden Sie nach vielen Richtungen Klarheit haben, Klarheit bekommen.

Wenn wir nun genauer fragen:

1. Wie sieht denn die Mutterfunktion im eigentlichen Sinne aus?, was antwortet uns dann die Dogmatik? Das ist nicht einmal die Hauptfrage. (Die) Hauptfrage lautet an sich mehr: Wie lebt denn dieser Muttergedanke, die Mutterfunktion in der heutigen Kirche?

Vom dogmatischen Standpunkte aus können wir uns ja an all das erinnern, was wir früher selber über diese Dinge gesagt haben; also erinnern daran: so wie die Gottesmutter Mutter in einem eigentlichen Sinne der einzelnen Gläubigen (ist), so ist sie auch Mutter der Kirche insgesamt.

Hier mögen wir unterscheiden: eine Zeugung der Kirche, eine Geburt der Kirche und eine gewisse Abrundung und Vollendung der Kirche. Lauter Wahrheiten, die heute wieder neu durchforscht, untersucht werden wollen; von denen aber auch überprüft werden will, ob sie nun wirklich so im Bewusstsein der Kinder der Kirche und im Bewusstsein der Kirche leben.

a) Wann ist die Kirche, ja sagen wir: wann erleben wir, wann ist die Kirche erzeugt worden?

(Da) antwortet uns die Dogmatik als eine Analyse dessen, was im katholischen Menschen lebt: in demselben Augenblicke erzeugt, als Christus erzeugt wurde. Danach will und muss man Christus nicht nur sehen als historische Persönlichkeit, sondern auch als mystische Persönlichkeit. Danach (ist) die Gottesmutter nicht nur Mutter des historischen, sondern auch Mutter des mystischen Christus. Ich versage es mir, hier alles zu wiederholen oder neu darzustellen, was die Dogmatik uns seit Jahrhunderten darüber zu sagen weiß. ...

b) Wann wird nunmehr im Empfinden des Volkes und wo und wann hat auch die Dogmatik die Geburt der Kirche festgelegt?

(Im) Augenblicke des Todes. Es ist ja der bekannte Ausspruch: Aus dem Herzen des Gottmenschen ist die Kirche hervorgegangen. Und unter dem Kreuze, da steht die Gottesmutter! Stabat Mater Jesu iuxta crucem. (Sie hat) ihr Ja wiederholt; also auch hier als Mutter sich bewährt (und) mitgeholfen, dass die Geburt der Kirche Wirklichkeit wurde

c) Und die Abrundung der Kirche, so dass sie in See stoßen konnte, das ist Pfingsten gewesen: Et erant omnes unanimiter cum Maria Matre Jesu perseverantes in oratione. So steht also die Gottesmutter schlechthin da im kirchlichen Empfinden seit eh und je im wahren Sinne des Wortes als die Mutter der Kirche.

2. Und nunmehr: Welche Funktion, welche Funktion hat nun die Gottesmutter gegenüber der Kirche selber?

Das ist dieselbe Mutterfunktion, die sie gegenüber dem Kirchenbild von gestern und ehegestern gehabt. Das ist das Wichtigste, was wir immer wieder festhalten müssen: Das neue Bild will immer gesehen werden im Lichte des Glaubens, aber auch im Lichte der Evolution, will andererseits gesehen werden im Lichte der Dogmatik, im Lichte der Planung Gottes. Das ist und bleibt halt ewiger Plan des ewigen Gottes, dass die Kirche nicht existieren kann, dass auch die heutige Kirche nicht geboren werden, nicht neu erzeugt, nicht vollendet werden kann ohne die Gottesmutter. Denken Sie hier bitte an einen Gedanken, den wir in unserer Familie so häufig kultiviert haben: Wie ist Christus geboren worden, erzeugt worden? (Da) steht eben der große Gedanke vor uns: die Gottesmutter (als) die Christusgebärerin; und deswegen auch die Gebärerin des Christen und letzten Endes die Gebärerin des Corpus Christi Mysticum. Das sagt uns das Credo: der Eingeborene hat Fleisch angenommen aus dem Heiligen Geiste, aus der Jungfrau Maria.

Aus:
Peter Wolf (Hrsg.)
Erneuerte Kirche in der Sicht Josef Kentenichs
Ausgewählte Texte
Patris-Verlag, Vallendar-Schönstatt
www.patris-verlag.de

 

 

Eingestellt von
O B
KM
Eingestellt am: 20.11.2009 22:26
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