Anzeigen

 

Haus Moriah Josef-Kentenich-Institut Kentenich-Texte KT Volltextsuche

 Text
EK2004-84 - Die Gefährdung der sesshaften Kirche
Aus: J. Kentenich, Exerzitien für die Schönstatt-Patres, 4.-8.11.1966.

Wenn wir nun den Ausdruck „pilgernde Kirche“ noch einmal neu füllen wollen, zum Unterschiede und im Gegensatz zu den früheren Auffassungen, die wir nicht abschaffen wollen, nur ein bisschen ergänzen wollen, dann müssten wir so sagen: Das Gegenstück zur pilgernden Kirche ist die sesshafte Kirche. Eine sesshafte Kirche ja eine Kirche, die festsitzt. Eine sesshafte Kirche eine Kirche, die vergessen hat oder verlernt hat im großen und ganzen, sich zu bewegen, einen Siegeszug, einen Kampfeszug zu beginnen. Eine sieghafte Kirche. Und die Eigenart der sesshaften Kir-che (und) alle (ihre) Eigenarten, so dünkt uns, sind nun tatsächlich auch in der Kirche, wie sie vorher war, Wirklichkeit geworden.

Eine sesshafte Kirche die ist zunächst bis zum äußersten juristisch eingestellt. Sie will die Sesshaftigkeit nicht gestört wissen, weder von innen noch von außen gestört wissen. Deswegen juristisch, juristisch das und das und das und das und das bestimmt. Und die ganze Größe besteht in der sesshaften Kirche darin, dass man an diese juristischen Bestimmungen sich sklavisch hält. Natürlich, jetzt darf ich nicht sagen: Sesshafte Kirche abgelöst durch die pilgernde Kirche, also gibt keine juristischen Bindungen mehr! Auf all die Dinge haben wir ja bereits schon eine Antwort gegeben:

Wir können nicht existieren, auch als Gemeinschaft nicht existieren, wenn keine Bindungen und keine Gesetze da sind. Also auch hier immer wieder die Mitte finden! Immer darauf achten: es geht nur um Akzentverschiebungen!

Also noch einmal: Die sesshafte Kirche, die hat ihre Existenz gesichert durch ein ganzes Heer von gesetzesmäßigen Bestimmungen.

Die sesshafte Kirche, zweitens, ist darauf angewiesen, dass es ihr gut geht, dass sie genug zu essen und zu trinken hat. Natürlich ist das nicht so, als wenn die pilgernde Kirche das nicht auch müsste. Aber hier ist das ein Zentralanliegen. Sesshaft: (da) muss alles bürgerlich fest und gesichert sein!

Gewiss um das so ein klein wenig zu paraphrasieren will das Glied der sesshaften Kirche es nicht nur hier auf Erden (gut) haben, sondern auch oben im Himmel! Und wenn das nun schon einmal wahr ist, was die Kirche sagt von der himmlischen Seligkeit und wenn ich dann auch in diese neue sesshafte Kirche einmal als Bürger hineinkommen will, dann ist es selbstverständlich, dann höre ich, was verlangt wird, und versuche dann mit Ach und Krach das auch zu tun. Aber nur ja, nur ja darf mich das nicht erschüttern, das darf mich nicht unruhig machen: ich will es gut hier auf Erden haben in der hier sesshaften Kirche und möchte es auch gut oben im Himmel in der sesshaften Kirche haben. Verstehen Sie, was damit gesagt wird? Jeglicher Wagemut ist dann am Ersterben!

Ich will das noch schroffer formulieren, noch klarer hervorheben, dann meine ich, sagen zu müssen: In der sesshaften Kirche muss der Glaube auf die Dauer schwindsüchtig werden. Der echte, übernatürliche Glaube muss schwindsüchtig werden. Aus welchem Grunde? Weil das Leben darf ich jetzt sagen - das verbürgerlichte Leben, auch das religiös verbürgerlichte Leben? - Sie können jetzt mit Ausdrücken spielen, es geht ja nur darum, in etwa den ganzen Lebensvorgang richtig zu treffen. In einem derart verbürgerlichten Leben muss der Glaube einen Wesenszug verlieren: seinen Wagemut! Ich wage ja nichts! Ich wage ja nicht, zu verzichten, etwa auf dieses oder jenes bürgerliche Gut, wenn der Glaube, der Geist Gottes das oder jenes verlangt. Ich wage ja nicht, den Geist des Christentums zu leben; (ich) bin froh, wenn ich die juristischen Bindungen mit Ach und Krach festgehalten habe. Ich wage nichts!

Wenn wir also heute uns beklagen, weil auf der ganzen Linie vielfach der Glaube schwindsüchtig geworden oder am Werden ist, und wenn wir nach Gründen suchen, hier haben wir einen bedeutungsvollen Grund: der Glaube, den wir seit Jahrhunderten gepflegt, das war ein falscher, ein schwindsüchtiger Glaube, der sich der Wagnisse auf der ganzen Linie entwöhnt hat.

Aus:
Peter Wolf (Hrsg.)
Erneuerte Kirche in der Sicht Josef Kentenichs
Ausgewählte Texte
Patris-Verlag, Vallendar-Schönstatt
www.patris-verlag.de

 

Eingestellt von
O B
KM
Eingestellt am: 20.11.2009 22:27
  Zurück zur Übersicht
 
 

Seite drucken Seite versendenImpressum