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CmL1996 IV B 3 Durch Maria zu Christusergriffenheit
J. Kentenich, aus: Delegiertentagung der Schönstattfamilie, 16.-20.10.1950

Das ist der Gedanke, den wir besonders stark hervorheben, wenn wir die gesamte Mentalität aufnehmen: Der Christusbezug der Gottesmutter ist das Wesens ihres Wesens. Wenn ich ihr gehöre, ja sage zur objektiven Seinsordnung, dann muß meine Marienliebe und Marieninnigkeit eine christusbezogene sein. Das will heißen, der große Christusstrom, der in der Gottesmutter am elementarsten unter allen Geschöpfen flutet, der hier das stärkste Gefälle hat, muß mich in der Gottesmutter auffangen. Meine Marienliebe muß eine durch und durch christusbezogene sein, und wenn sie nicht christusbezogen ist, hat sie sich nicht orientiert an der objektiven Seinsordnung. Sehen Sie, deswegen hängt alles davon ab, daß wir auch in hervorragender Weise in der Gottesmutter in den Strom hineinkommen, der zu Christus geht. Das ist klar, durch Christus kommen wir zum Vater im Heiligen Geiste.

Wenn Sie hier stehenbleiben wollen, um Gedanken mehr theologischer Art zu erörtern, dürfen Sie nie übersehen, das Sparsamkeitsgesetz des Pauperismus ist ein großer Irrtum. Der lebendige Gott hat die Gottesmutter in überflutender Fülle teilnehmen lassen an seiner Herrlichkeit, zumal der Vatergott an seiner Liebe zum Heiland. Sie können sich gar kein geschöpfliches Wesen vorstellen, das so brennend den Heiland geliebt hat wie die Gottesmutter. Deswegen muß meine Liebe zur Gottesmutter in erster Linie christusbezogen, christusinnig und christusergriffen werden. Und wenn meine Marienliebe das nicht wird, dann fehlt ihr irgend etwas.

Wie muß also der Werkzeugscharakter, wie meine Mariengebundenheit, meine Marienliebe aussehen? Ich meine, ich müßte sagen: Es muß eine Marienliebe sein, die zu einer lebendigen und verlebendigenden Christusgebundenheit führt. Langsam, da kommen wir zu einem Lieblingsgedanken. Was muß das für eine Marienliebe sein? Eine solche, die eine lebendige und verlebendigende Christusgebundenheit schenkt. Was heißt das? Meine ganze Persönlichkeit muß verlebendigt am lebendigen Christus hängen. Wenn Sie die Zeit haben, und ich meine, unsere Priester sollten das doch einmal tun, dann lesen Sie gefälligst die Enzyklika Pius X. („Ad diem illum laetissimum“, 1904) einmal durch, dann haben Sie hier die schlichte und eindeutige Erklärung des Wortes: „Vitalis Christi cognitio“ (lebendige Christuserkenntnis). Was gibt uns unsere Marienliebe? Eine vitalis Christi cognitio!

Das ist ein Stück meines Lebenskampfes, darf ich Ihnen schon sagen, der Kampf gegen den Idealismus auch in der Religion. Wenn die Christen Christus gern haben ohne die Gottesmutter, so darf ich sagen, das ist ein Versuch, der heute millionenfach getätigt wird, schon deswegen, weil es Millionen von Menschen gibt, die es nicht gelernt haben, Menschen herzlich gern zu haben. Sie kennen keinen Bindungsorganismus, haben Menschen nicht lieb. Sie sagen, wir lieben Gott. Es ist ja nicht wahr. Wen lieben sie? Eine Idee. Das ist eine so furchtbare Tragik. Wenn wir die Gottesmutter lieben lernen wollen, müssen wir erst lernen, Menschen gern zu haben, damit wir einmal erfahren, was das heißt. Wen habe ich gern? Ich habe ja nicht einen Menschen an sich allein, sondern im Menschen Gott gern, und das muß ich einmal erlebt haben. Ich muß die Christusbezogenheit im Menschen vor mir haben. Das geht leichter bei der Gottesmutter. Die meisten heutigen Menschen, auch die begeistert von Gott reden können, lieben Gott gar nicht als Person, sie lieben die Idee. Das ist keine Frömmigkeit. Als Philosoph kann ich mir das gut vorstellen, daß man sich begeistern kann für eine Idee und warm von einer Idee sprechen kann, das ist aber ein gewaltiger Unterschied von der Liebe zur Person. Ein Theologe hat zum Beispiel eine neue Grundbeziehung entdeckt, etwa im Schoße des Dreifaltigen. Was ist das für eine Begeisterung! Damit ist nicht gesagt, daß er den lieben Gott gern hat. Sie dürfen keiner Selbsttäuschung verfallen, es gibt gar nichts, was unserer Liebe zu Christus die Wärme gibt, wie eine tiefe Marienliebe. Woher das kommt? Aus zwei Gründen: Erstens weil die Marienliebe in der objektiven Seinsordnung begründet ist, dieser lebendige Christusbezug ihres Wesens, die Heilsnotwendigkeit ihrer Stellung zu Christus und damit zu uns.

Zweitens, weil sie eine Frau ist, ist sie als Person auf Personen eingestellt. Recht so, aber der Grund liegt viel tiefer. Sie hat zweifellos ein Charisma, die Liebe an sich persönlich zu binden und weiterzugeben. Das ist ihr Charisma. Wer sich deswegen den schweren Zeiten gegenüber wappnen will... Sie können anfangen, Studien anzustellen über den Heiland, mag sein, daß der liebe Gott Ihnen eine persönliche Gebundenheit gibt. Wenn Sie die Studien aber über die Gottesmutter anstellen, so begegnet Ihnen die vitalis Christi cognitio. Die Gottesmutter ist halt das Wesen, das Gott vor der Entpersönlichung rettet. Denken Sie einmal durch, was das heißt, ihre Person bewahrt mich vor Entpersönlichung Gott gegenüber. Sie glauben gar nicht, wie entpersönlicht Gott geliebt wird. Vielleicht verstehen Sie von hier aus besser ein anderes klassisches Wort: Der Weg über die Gottesmutter ist der leichteste, der sicherste und kürzeste Weg zu einer tiefen Christusinnigkeit und Gottergriffenheit.

Erschienen in:
Joseph Kentenich
Christus mein Leben
Ausgewählte Texte zum Christus-Jahr 1997
Herausgegeben von Günther M Boll, M. Pia Buesge, Peter Wolf
Patris-Verlag Vallendar-Schönstatt
www.patris-verlag.de

 

Eingestellt von
O B
KM
Eingestellt am: 24.11.2009 17:32
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