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CS20 CAUSA SECUNDA Text 20
Aus: Marianische Ehepädagogik 1933

Es genügt jedoch nicht, daß der Trieb mit der Gottesmutter verbunden wird. Das Marianische soll uns auch tiefer einführen in die Liebe zum Heiland und zum dreifaltigen Gott. Das müssen wir nicht so sehr zeitlich, sondern mehr methodisch sehen. Studieren Sie gesunde Menschen, bei denen werden Sie das finden. Wenn das Volk die Gottesmutter gern hat, hat es auch Gott gern. Es findet in jedem Teil das Ganze. Wir dürfen nicht unsere eigene Zerfaserung in das Volk tragen, sondern müssen vielmehr die organischen Zusammenhänge sehen. Wenn ich eine starke Gebundenheit an die Gottesmutter erreicht habe, dann muß ich im Sinne der Organismuslehre den Akzent verschieben. Es tritt das Gesetz der Erweiterung in Kraft. Mit der Liebe zur Gottesmutter entsteht eine tiefere Heilands- und Gottesliebe. Wir sollten uns vor allem mitnehmen eine stark vitale Einstellung, die auf Totalität und Organismus hindrängt. Für das Volk besteht kein Unterschied etwa zwischen dem Hl. Rock von Trier und dem Heiland und Gott. Das Volk denkt in diesen Dingen ganz einfach, auch in den Fragen der liturgischen Bewegung. Wenn man diese Dinge so kompliziert und isoliert bringt, schafft man eine Welt, die das Volk nicht berührt. Immer den ganzen Organismus vor sich haben! - Damit haben wir die allgemeine Methodenlehre der marianischen Erziehung gegeben. Diese müssen wir nun anwenden auf die einzelnen eigengesetzlichen Sachgebiete. -(S.41-42)

Wo liegen die geistigen Unterlagen für diese Methode, aus dem Natursinn das Ideal der Ehe herauszulesen? Es ist das große Gesetz: Ordo essendi est Ordo agendi. Die objektive Seinsordnung sowohl in der Natur wie in der Übernatur ist und muß Norm sein auch für unsere Lebensform. Hier haben Sie ein Gesetz, das die ganze Dogmatik, Moral und Pädagogik durchzieht. Wer deswegen dieses Gesetz klar kennt und auf diesen Lebensbereich anzuwenden weiß, darf sicher sein, daß er volle Klarheit in den wesentlichen Ehefragen bekomnt und daß er sich erwärmen kann für das katholische Eheideal.

Was darf ich nun von diesem Gesetz sagen? An sich ist uns dieses Gesetz sehr bekannt. Wir, die wir die vierwöchigen Exerzitien gemacht haben, haben alles auf dieses Gesetz aufgebaut. Alle unsere pädagogischen Kurse ruhen auf diesem Fundament. Wollen Sie nachprüfen, ob und inwieweit Sie dieses Gesetz verstanden haben, so setzen Sie dafür andere Ausdrücke ein. In der wissenschaftlichen Moral heißt es: Der Indikativ des Seins soll zum Imperativ des Sollens werden. Dessen Vernachlässigung ist Sünde. Oder: Die stille, stumme Sprache der Seinsordnung soll für uns zum lauten, verpflichtenden Sollen werden. Oder: Was ich bin, das muß ich werden. Das Wissen um die Ordnung ist ein verpflichtendes Gewissen für mich. Das wahre Leben des echten Menschen ist ein Zusammenwirken mit den Werken Gottes. Auf den concursus divinus generalis müssen wir antworten mit dem concursus humanus generalis. Ich muß mit dem Willen Gottes mitgehen. Gott kündet seinen Willen nicht bloß durch die Gebote. Die Werke Gottes sind sichtbar gewordene Gedanken Gottes und der verpflichtende Wille Gottes. Werde, was du bist! Operatio sequitur esse. Vor jedem steht ein Bild des, was er werden soll... Die Ausdrücke mögen Sie wechseln, der Gedanke aber muß uns klar sein. Es genügt nicht eine nur oberflächliche Kenntnis. Wollen wir den Zweck erreichen, müssen wir tiefer graben und die tieferen Zusammenhänge sehen und uns für sie erwärmen.

Wo liegt der tiefste Grund für dies Gesetz? Was ist für uns verpflichtend? Der ausgesprochene Wille Gottes. Nun aber gibt Gott seinen Willen kund durch ausgesprochene Gebote und Werke (das ist das Wichtige!). Und der Beweis dafür? Weil die Werke der sichtbar gewordene Gedanke und der sichtbar gewordene Willensentschluß Gottes sind. In einem Werk hat Gott seine Idee kundgetan und auch seinen Willen. In der Seinsstruktur des Dinges liegt der Wille Gottes. Der tiefere Grund dafür: Gott ist die Allursächlichkeit aller Dinge. Gott ist die Ursache nicht bloß des verpflichtenden Wortes, sondern auch des Werkes. Deus creat, Deus conservat, Deus gubernat. Damit ist'Gott auch die causa creativa, conservativa et gubernativa des Geschlechtstriebes. Er erhält das Werk in seinem Sein. Wenn ich einen Gegenstand seiner Seinsstruktur entsprechend behandle, erfülle ich den Willen Gottes. Damit habe ich einen Tugendakt gesetzt. Benehme ich mich den Dingen gegenüber in einer dem immanenten Natursinn und seiner Seinsstruktur widrigen Weise, so habe ich die Sünde. Gott spricht also auch durch seine Werke nicht nur seine Gedanken, sondern auch seinen Willen aus. Hier haben wir die wissenschaftliche Unterlage für die ganze katholische Moral. Darauf bauen große Männer, wie Augustin, Thomas, Leo XIII, Plus XI die sittlichen Forderungen auf. Wenn uns das nicht klar ist, verstehen wir viele Ausdrücke der Eheenzyklika nicht. Augustinus spricht von einer conservatio naturae, wenn ich mich an die Natur halte; von einer perturbatio naturae, wenn ich die Naturordnung über den Haufen werfe. Thomas gebraucht die Ausdrücke: actio secundum naturam und actio contra naturam. Damit brauchen wir an sich keine ausgesprochene Verpflichtung bezüglich des Gegenstandes des sechsten Gebotes. Wir müssen aus dem Natursinn heraus die Ehegesetze und das Eheideal ableiten. Wenn ich bespielsweise den ehelichen Akt als einen verstümmelten Akt setze, habe ich eine actio contra naturam und damit eine schwere Sünde., Die Ausdrücke in den Enzykliken Leos XIII,: actio consentanea. actio'dissentanea stehen auf gleichem Boden. Damit sind also die Gedanken Gottes-und der Wille Gottes durch seine Werke zum Ausdruck gebracht.

Mit diesen Ausführungen hätte ich im wesentlichen gezeigt, daß wir mit dem Gesetz: ordo essendi est ordo agendi ein tiefgehendes Gesetz der ganzen Naturordnung vor uns haben. Es gilt aber auch für die Gnadenordnung. Wir wollen nicht übersehen: Auch die Gnadenordnung ist ein reales Werk Gottes. Und für die Eheerziehung ist es von tiefer Bedeutung, daß der heutige Mensch die Gnadenordnung als ein reales Werk Gottes auffaßt. Sie werden die tiefste Eheauffassung dem Volk nicht bringen, wenn es nicht überzeugt ist von corpus Christi mysticum. In der richtigen Erfassung dieser letztgenannten Wahrheit liegt die letzte Zielsetzung und Sicherung der katholischen Eheauffassung. Wir müssen die Gliedschaftswirklichkeit recht verstehen. Dann haben wir die katholische Eheerziehung. So müssen wir die ganze übernatürliche Ordnung als eine reale Ordnung erfassen. Also auch unser Verhältnis dem dreifaltigen Gott gegenüber. Ich bin nicht bloß eine Spur und ein Ebenbild Gottes, ich bin auch ein Kind, ein Glied und ein Tempel Gottes. Wer das tief erfaßt, hat eine große Sicherheit in den Fragen der Ehe. Wir wissen, Gott offenbart seinen Willen nicht bloß durch Worte, sondern auch durch Werke. Vergleichen Sie hierzu die Methode, wie die Apostel Moral betrieben. Bei ihnen war sie nicht isoliert. St. Paulus leitet aus der Gliedschaftswirklichkeit die Moral der Ehe ab. - Damit haben wir die geistigen Unterlagen für unsere Methode, die wir anwenden wollen, um eine klare Antwort zu geben auf die Frage: Wie sieht das katholische Eheideal in klassischer Reinheit aus? Damit sind wir in der Lage, aus dem Natursinn des Geschlechtstriebes das Eheideal abzuleiten und darzustellen. -(S.61-64)-

vervielfältigt/Offset, 119 Seiten A5, S. 41-42; S.61-64 *

Eingestellt von
O B
KM
Eingestellt am: 15.09.2010 16:02
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