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GdL-1957-01 Unser Gott: ein Gott des Lebens und der Liebe
Aus: Am Montagabend – Mit Familien im Gespräch (21.1.1957)

Was will das nun heißen, wir müssen horchen, was der Himmelsvater uns sagt? Wir wissen, auf wie vielfältige Weise der Vater zu uns spricht: durch innere Einsprechungen, durch die Vorgesetzten, durch die Heilige Schrift. Das alles wissen wir. Worauf wir es aber besonders abgesehen haben: Er spricht auch durch die Verhältnisse zu uns. Sehen Sie, da haben wir gerade das hohe Ideal des praktischen Vorsehungsglaubens, der überall, hinter allem Geschehen die Vaterhand Gottes erblickt. Wenn wir wirklich horchen wollen auf Gottes Stimme im Alltag, dann müssen wir brechen, und zwar lebendig brechen mit der Idee des Fatalismus (Schicksalsglaube). Was heißt das, mit der Idee des Fatalismus? Theoretisch werden wir das zwar nicht sagen: Wir sind Fatalisten. Aber praktisch sind die meisten von uns Fatalisten. Das heißt praktisch: Wir leben, als wenn das alles zufällig wäre, was so während des Tages kommt.

Vielleicht haben Sie schon einmal gehört, wie seinerzeit ein preußischer König, Friedrich II. hat er geheißen, an den Gottesspötter und Kirchenverfolger Voltaire geschrieben hat. Er hat so geschrieben: Die Majestät des Zufalls hat drei Viertel all dessen auf ihr Konto zu schreiben, was in dem miserablen Universum vor sich geht. Was heißt das: Drei Viertel (von dem), was in meinem Leben alles passiert, ist bloß Zufall? Dahinter steckt keine Vorsehung, da ist kein persönlicher Gott, der das alles festhält und lenkt und leitet. Das kommt halt gerade so. Und das eine Viertel, das übrig bleibt? Das hängt von mir ab, von meinem Willen, von meiner Kalkulation, von meiner Klugheit.

Sehen Sie, wenn ich mich wirklich dem Himmelsvater zur Verfügung stellen will, muss ich auf seine Stimme horchen. Da gibt es keinen Zufall. Und wenn es das Kleinste in meinem Tagewerk ist – das alles (liegt) in der Vaterhand Gottes. Gott dirigiert; Gott lenkt und leitet die Welt und hat alles gefügt, auch die kleinsten Ereignisse in meinem Alltag. Hinter allem sehe ich also den persönlichen Gott, den Vatergott, nichts Zufälliges. Das mag manches Mal scheinen, dass sich das alles zufällig so ereignet, aber für mich gibt es keinen Zufall. Deswegen sehe ich auch den lieben Gott hinter allem und horche: Was will er mir sagen durch das oder jenes Ereignis?

(...)

Alles in allem, ich wollte Ihnen noch einmal zum Bewusstsein bringen, dass wir in unserem Leben nichts als zufällig betrachten dürfen. Also: Gottes Stimme hören, wie er durch die Verhältnisse zu uns spricht; zweitens: aber nicht nur horchen, sondern auch gehorchen. Sehen Sie, wir sagen ja: Wir wollen ihm vollkommen zur Verfügung stehen, er kann mit uns machen, was er will. Was setzt das voraus? Die gläubige Überzeugung, dass der liebe Gott letztlich wirklich nur aus Liebe das verfügt, was er verfügt. Ja, ich meine, ich müsste sogar beifügen: nicht nur aus persönlicher Liebe, sondern aus persönlicher erbarmungsreicher Liebe. Das (ist) eben der große Gedanke, der uns mehr und mehr entschwunden ist: Es ist nicht nur ein persönlicher Gott, der die Welt regiert, sondern ein persönlicher Gott der Liebe, der aus Liebe alles zu unserem Besten fügt. Schon das Alte Testament wird nicht müde, uns das Gottesbild so zu zeigen und zu zeichnen. Da sagt Jahwe immer wieder und wieder: „In meine Hände habe ich dich geschrieben.“ Wann schreibe ich denn den Namen in meine Hände? Doch offenbar nur dann, wenn ich jemanden gern habe.

Oder wenn wir hören, wie Jahwe erklärt, er würde den Menschen, zumal Israel, behandeln wie seinen Augapfel. Verstehen Sie, was das heißt, Augapfel? Wie sehr schätzt und schützt der Mensch seinen Augapfel! Sehen Sie, wenn ich nun Gottes Augapfel bin, was heißt das? Dass er mich mit grenzenloser Liebe umfängt. Deswegen auch schon im Alten Testament das Wort: Mit ewiger Liebe habe ich dich geliebt und dich voll Erbarmen an mich gezogen.

Nach dem Empfinden des Volkes ist an sich Mutterliebe die treueste Liebe. Da erklärt Jahwe einem Volke, das das Bündnis mit ihm gebrochen hat: Ich bleibe dir treu, ich liebe dich. Und da braucht er selbst das Bild: Kann eine Mutter ihr Kind vergessen? Und wenn es sein sollte: Aber ich vergesse dein nicht. Ich habe ja ein Bündnis mit dir geschlossen. Sehen Sie, deswegen heißt es auch im Neuen Testamente einfach summarisch: „Deus caritas est.“ Gott ist einfach die Liebe.

Und der Heiland hat ja die einzige große Lebensaufgabe – am Ende des Lebens legt er sich selbst gegenüber Rechenschaft ab und legt diese Rechenschaft auch der ganzen Welt gegenüber ab –: Ich habe deinen Namen, den Vaternamen, der Welt kundgetan. Verstehen Sie das? Ich habe deinen Namen der Welt kundgetan und offenbart. Deswegen bin ich auf die Welt gekommen, um den Menschen das Gottesbild als Vaterbild zu dokumentieren. Und darum lehrt er ja auch uns beten, den lieben Gott anreden: Unser Vater, Vater unser. Vater! Wissen Sie, was das bedeutet? Sie müssen sich einmal sagen lassen, wie die Großen dieser Welt sich vielfach mit allerlei Ehrentiteln (anreden) lassen. Und wie will Gott angeredet werden? Als Vater! Das ist der Ehrentitel. Was schließt aber der Name „Vater“ in sich? Letzten Endes Liebe, unermessliche Liebe! Auch wenn Strenge dahinter steckt – alles geschieht aus Liebe, aus Vaterliebe. Sehen Sie, deswegen macht der Heiland auch darauf aufmerksam:

Nicht einmal ein Härchen fällt von unserem Haupte, ohne dass der Vater das einkalkuliert hat. Es ist immer der große Gedanke: Gott ist Vater, Gott ist gut; gut ist alles, was er tut. Wenn ich davon überzeugt bin, dass Gott wirklich Vater, also der Gott der Liebe ist, dann kann ich mich ihm natürlich zur Verfügung stellen, andernfalls geht das ja gar nicht.

Aus:
Pater Josef Kentenich:
Am Montagabend – Mit Familien im Gespräch (21.1.1957)
Schönstatt-Verlag, Hillscheider Str. 1, 56179 Vallendar
ISBN 978-3-935396-18-9,
Bd. 5, S. 81 ff,

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Eingestellt von
O B
KM
Eingestellt am: 09.12.2010 18:43
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