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Engel, M. Emilie
M. Thomasine Treese (2014)

Geboren am 6. Februar 1893 in Husten, Kreis Olpe im Sauerland, wuchs Emilie Engel als viertes von zwölf Kindern in einer bäuerlichen Großfamilie auf. Ihre Eltern legten das Fundament für einen soliden Glauben, für echte Gottes- und Menschenliebe. Doch schon im frühen Alter litt Emilie unter den Vorstellungen von Gott als einem belohnenden und strafenden Richter, wie sie der damaligen Zeit entsprachen. Die Sorge, Gottes Willen nicht vollkommen erfüllen zu können, traf bei ihr auf ein übersensibles Gewissen, das sie ängstigte.

Nach Besuch der höheren Töchterschule (1908) in Arnsberg begann sie das Studium am dortigen „Königlichen Lehrerinnenseminar“ (1909-1914). Nichts war im Umgang mit ihr von ihren Ängsten und der inneren Not zu spüren. Sie wurde geschätzt als frohe, selbstlose und engagierte Studentin.

Nach einer Vertretungsstelle in Grimlinghausen bei Neuss wurde sie in Herne-Sodingen als Lehrerin angestellt (1915-1926). Da ihre beiden älteren Schwestern am gleichen Schulsystem unterrichteten, war sie „Lehrerin Engel III“. Als Lehrerin lernte sie die soziale Not der Menschen im Ruhrgebiet kennen. Sie hielt Nachtwache bei Sterbenden, stärkte unterernährte Kinder und vermittelte Arbeitsplätze für Jugendliche. Einer Mutter versprach sie am Sterbebett, für ihre verwaisten Kinder zu sorgen. Dieses Versprechen führte 1918 zum ersten Kontakt mit >>Schönstatt, als sie den 14-jährigen Sohn dorthin in die Gärtnerlehre brachte. Dem ersten Besuch folgten weitere.

1921 erschloss sich eine neue Welt Emilie während der ersten Tagung für Frauen in Schönstatt, die von Pater Josef >>Kentenich, dem Gründer der >>Erneuerungsbewegung Schönstatt, gehalten wurde. An den Wallfahrtsorten ihrer Heimat hatte sie immer wieder gebetet, von ihren Ängsten und Nöten befreit zu werden. Erst in der >>Gnadenkapelle von Schönstatt erhielt sie eine Antwort, die ihr Leben entscheidend prägte. Hier erfuhr sie Erhörung ihrer Bitte und berichtete später: „Ich wusste ja noch nicht, dass die Gottesmutter mich gezogen und geführt hatte, um mir hier an dieser Gnadenstätte aus großen Seelennöten herauszuhelfen, in denen ich schon so oft zu ihr um Hilfe gefleht hatte; ich ahnte ja noch nicht, dass ich hier in eine Schule eintrat, in der ich meine wahre Lebensaufgabe erkennen und für dieselbe vorbereitet werden sollte.“

Unter der geistlichen Führung und Begleitung Pater Kentenichs begann ein innerer Wachstumsprozess. Ihr >>Bild von Gott als dem strengen Gesetzgeber wurde korrigiert und ergänzt durch das eines barmherzigen Vaters, der sie ganz persönlich liebt und annimmt. Vor diesem Gott durfte sie Kind sein. Sie erfuhr, dass wahre Vollkommenheit in einer kindlich-vertrauenden, rückhaltlosen Hingabe an den himmlischen Vater besteht und nicht in einem krampfhaften Bemühen um Fehlerlosigkeit. So wuchs sie langsam in die Freiheit der Kinder Gottes (vgl. Röm 8,21) und spürte deutlich, wie sich ihr Leben zu ändern begann.

Sie schloss sich der religiösen Erneuerungsbewegung Schönstatts an und fand in ihrer Spiritualität, insbesondere im >>Liebesbündnis mit >>Maria, das, wonach sie ihr ganzes Leben gesucht hatte. Schon bald erkannte sie ihre Berufung zu Schönstatt und gab am 30. September 1926 ihren Beruf als Lehrerin auf. Sie verließ alles, zog nach Schönstatt und stellte sich Pater Kentenich für die Gründung der >>Schönstätter Marienschwestern zur Verfügung. Die Ankunft von Emilie Engel und ihrer Kollegin Anna Pries in Schönstatt am 1. Oktober 1926 ist zugleich der Gründungstag der Gemeinschaft. Pater Kentenich brauchte Emilie für diesen Neuanfang. Seit 1921 kannte er sie und war überzeugt, dass sie ein Modell für den neuen Menschen werden könnte, den Gott durch die Spiritualität und Pädagogik Schönstatts formen und der Kirche und Welt schenken möchte.

In der jungen Gemeinschaft übernahm Emilie verantwortungsvolle Aufgaben als Generalvikarin (1926-1929) und dann als Mitglied der Generalleitung (1929-1950). Für kurze Zeit übernahm sie die Leitung eines Fürsorgeheims in Essen und Düsseldorf (1928-1929). Dort erlebte sie schmerzlich die trostlose Situation der ihr anvertrauten jungen Frauen und begegnete ihnen mit unendlich großer Güte. Im Mai 1929 wurde sie Leiterin der jungen Schwestern in Schönstatt als Novizen- und Terziatsmeisterin. Mehr als 400 Schwestern hat sie auf dem Weg in die Gemeinschaft begleitet.

Am 25. März 1935 wurde sie endgültig dem Institut eingegliedert. In diesem Jahr traten auch die Satzungen der Gemeinschaft in Kraft, an deren endgültigen Form sie entscheidend mitgewirkt hat.

Ihr größter Wunsch für die werdende Gemeinschaft war, dass sie der Kirche >>Heilige schenken möge. Dafür bot sie als junge Schwester 1927 dem dreifaltigen Gott ihr Leben an und die Bereitschaft, alle erdenklichen Leiden zu ertragen. Gott nahm ihre Weihe ernst, vielleicht viel ernster als sie es sich je vorstellen konnte.

Eine tückische Lungentuberkulose-Erkrankung beendete nach neun Jahren 1935 vorerst ihren aktiven Einsatz für die Gemeinschaft. Mit drei schweren Operationen und Phasen totaler Isolierung und Einsamkeit in Krankenhäusern und Lungenheilstätten in Bonn, Rosbach und Windberg war die Heilung sehr langwierig mit nur geringer Hoffnung auf Heilung.

Die schweren Leidensjahre mit absoluter Untätigkeit und völlig ungewisser Zukunft wurden für sie eine Zeit der Läuterung und der Nachfolge Christi, in der sie immer klarer Gottes Liebe und weise Führung entdeckte. Langsam löste sie sich von allem eigenen Wollen und Planen und überließ sich ganz Gott. „Ja Vater“ sprach sie zu seinem heiligen Willen, jeden Tag von neuem.

Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges kehrte sie 1939 nach Schönstatt zurück. Während der Zeit ihrer Genesung wurde ihr die Sorge für die kranken Mitschwestern und eine Vielfalt von schriftlichen Arbeiten übertragen.

Als Pater Kentenich am 25. März 1946 in der Gemeinschaft der Marienschwestern in Deutschland vier Provinzen errichtete, übertrug er Emilie Engel die Leitung der Westprovinz.. Sie nannte sie Providentia – Vorsehung. Wie sie selbst in ihrem Leben auf vielfältige Weise erfahren hat, sollte auch in den Schwestern ihrer Provinz der >>Glaube an die göttliche Vorsehung lebendig sein. 1949 konnte die Gemeinschaft ein Haus am Stadtrand von Koblenz-Metternich erwerben, das als Provinzzentrum eingerichtet wurde. In der existentiellen Not der harten Nachkriegsjahre führte sie die Gemeinschaft mit unvergleichlicher Ruhe und Sicherheit und einem unerschütterlichen Vertrauen auf die weise Führung Gottes.

Beim ersten Generalkapitel der Gemeinschaft 1954 wurde Emilie erneut in die Generalleitung gewählt, nachdem sie 1950 von diesem Amt abgelöst worden war.

Im Umkreis der apostolischen Visitation Schönstatts von 1951 bis 1953 setzte sie sich mit Mut und Entschlossenheit auch bei den höchsten kirchlichen Stellen für die Ehre des Gründers und der Gemeinschaft ein. Trotz geschwächter Gesundheit und beginnender Lähmung fuhr sie 1954 nach Rom, um beim Heiligen Offizium für die Rechte ihrer Gemeinschaft einzutreten, die ihr genommen zu werden drohen. Ihr Einsatz war erfolgreich.

Nach acht Jahren umsichtiger und reich gesegneter Tätigkeit verlangte Gott von ihr die endgültige Lösung von allem. Eine Wirbelsäulenverkrümmung als Folge der früheren Lungenoperationen verursachte eine fortschreitende Lähmung. Emilie war sich bewusst, dass Gott ihre Weihe angenommen hatte, nichts nahm sie von ihrem Angebot zurück. Trotz wachsender Hilflosigkeit ging eine große Ausstrahlung von ihr aus, auch als sie fast völlig gelähmt im Rollstuhl saß und nicht mehr sprechen konnte.

Am 20. November 1955 nahm Gott das Opfer ihres Lebens an. Das Weizenkorn wurde in die Erde gelegt und konnte fruchtbar werden für die junge Gemeinschaft und darüber hinaus. Ihre Grabstätte befindet sich auf dem Friedhof der Schwestern in Koblenz-Metternich und ist eine Stätte des Gebets geworden.

Das Leben von Schwester Emilie ist für viele Menschen eine Ermutigung und Orientierung für ihr eigenes Leben. In ihrem von Erfolg, Freude und vielfältigem Leid geprägten Leben hat sie erfahren, dass das „Ja Vater“ zum Willen Gottes in allen Momenten des Lebens sicher, frei und glücklich macht. Diese Erfahrung will sie allen weiter geben.

Der Prozess für die Seligsprechung von Emilie Engel wurde 1999 in Trier eröffnet und 2002 in Rom weitergeführt. Papst Benedikt XVI. hat am 10. Mai 2012 Emilie Engel den „heroischen Tugendgrad“ zuerkannt. Damit ist die vorletzte Stufe zur Seligsprechung erreicht, die nach der Anerkennung eines Wunders auf die Fürsprache der „Venerabilis Serva Dei“, der Verehrungswürdigen Dienerin Gottes, erfolgen kann.

Literatur:

E. Humperdinck, Schwester M. Emilie Engel, Regnum 27 (1993) 135-141
Thomasine Treese: Emilie Engel, ein Leben für Gott und die Menschen, Schönstatt, 1999
Margareta Wolff: Mein Ja bleibt. Lebensbeschreibung, Vallendar-Schönstatt, 2000
Margareta Wolff: Emilie Engel, Zeugnisse, Briefe, Tagebuchnotizen, Vallendar-Schönstatt, 2001
Novenen, Sekretariat Emilie Engel,Trierer Str. 388; 56070 Koblenz

Internet:
http://www.sms-ppr.de/schwester_emilie_engel.php

M. Thomasine Treese

Schönstatt-Lexikon
Herausgeber: Internationales Josef-Kentenich-Institut für Forschung und Lehre e.V. (IKF)
Verlag: Patris-Verlag, Vallendar-Schönstatt - All rights by Patris-Verlag -
www.patris-verlag.de
Online-Präsentation: Josef-Kentenich-Institut e.V. (JKI)

 

Eingestellt von
O. B.
K.M.
Eingestellt am: 03.09.2014 11:27
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