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Haus Moriah Nachrichten Reisebericht Burundi 2018 04

  
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4.
Mittwoch, 28.3.2018

Heute Nacht ist der Strom leider nicht zurückgekommen. Mein Handy hat sich inzwischen abgeschaltet. Um 7.15 Uhr kommt der Strom zwar wieder, aber nur für wenige Minuten. Für 7.45 Uhr habe ich mich mit Denis auf dem Balkon seiner Wohnung für das gemeinsame Gebet der Laudes verabredet. Er muss erst noch in die Kapelle gehen, um für mich ein Brevier zu holen, denn mein Smartphone funktioniert ja nicht mehr. Anschließend frühstücken wir.

Um 9.00 Uhr soll Abfahrt zur Chrisam-Messe in Bururi sein. Im Jeep von Denis fahren außer mir noch einer der Professoren und zwei Ordensschwestern mit, die im Seminar Dienst tun. Wie fast alle Schwestern, denen ich hier begegne, sind die beiden auch sehr jung. Sie scherzen die ganze Zeit im Auto. Wir fahren auf der Straße, die wir Montag-Abend genommen haben, um ins Priesterseminar zu kommen. Denis erzählt mir, dass mein Vorgänger, Msgr. Peter Wolf, diese Straße als „Flussbett“ bezeichnet hatte. Es ist wirklich kaum zu glauben, dass der Staat hier nicht eingreift und diese wichtige Verbindungsstraße asphaltieren lässt.

Als wir ankommen, herrscht neben der Kathedrale und dem Bischofshaus von Bururi schon reges Treiben. Wie ich höre, kommen zur Chrisam-Messe fast alle Priester. Die Priesteramtskandidaten sind mit einem großen Bus abgeholt worden, um die Heilige Messe musikalisch zu gestalten. Die Priester begrüßen sich ausgelassen. Zum Begrüßungszeremoniell gehört hier zuerst eine Umarmung, bei der man dem Gegenüber auf die Schultern klopft, je herzlicher, desto mehr, und dann dem Gegenüber die Hand schüttelt. Ich habe mich von Anfang an diesem Zeremoniell angeglichen.

In einem großen Gebäude besteht Umziehmöglichkeit für die Priester. Ich habe aus Schönstatt Albe, Schultertuch, Zingulum unserer Gemeinschaft und weiße Schönstatt-Stola (vom Jubiläum 2014) mitgebracht. Sie leisten mir hier gute Dienste. An einem großen Tisch ziehen sich Bischof Venant Bacinoni, sein Generalvikar, der Pfarrer der Kathedrale, Denis und einige andere Priester Messgewänder an. Ich habe kurz Gelegenheit, auf den Bischof zuzugehen und ihn zu begrüßen. Er begrüßt mich auf deutsch mit „Herzlich willkommen“.

Der Prozessionsweg zwischen diesem Umkleideraum und der Kathedrale wurde mit neugepflanzten Bananenstauden und Wimpelbändern zwischen ihnen verziert. Es stehen viele Leute am Weg, darunter viele Kinder. Da ich der einzige Weiße bin, werde ich nicht wenig angestaunt. Wir betreten die Kathedrale durch den westlichen Haupteingang.

Die Sitzreihen fallen von hier wie in einem Amphitheater zum Altar hin ab. Jeder Platz ist besetzt. Weil es heute den ganzen Tag teils sehr stark regnet, liegt ein starker Ausdünstungsgeruch der vielen Leute in der Luft. Wir ziehen unter Musik einen schmalen Weg in der Mitte nach unten zum Altar und verehren ihn zwei und zwei mit dem Altarkuss.

Die Alumnen singen wieder sehr schön, begleitet von einem Keyboard. Die Gläubigen klatschen immer wieder rhythmisch mit der Musik mit. Neben mich setzt sich der Pfarrer, den ich Montag-Abend kennengelernt hatte und der lange in Italien gearbeitet hat. Er übersetzt mir die Feier von Kirundi ins Italienische.

Dem Bischof merkt man an, dass er Alttestamentlicher ist. In seiner Predigt zeichnet er das Bild des Priesters vom alten Bund her und wendet sich inhaltlich ganz an seine Priester. Einmal fordert er die Gläubigen auf, die Priester wirklich bald zu bitten, wenn jemand krank wird, mit dem heute neugeweihten Krankenöl die Krankensalbung zu spenden. Am Ende der Predigt teilt jemand ein Blatt aus mit der Formel für die Erneuerung des Gehorsamsversprechens der Priester, das sich nun anschließt.

Vor der Gabenbereitung findet die Weihe der Heiligen Öle statt. Sie werden in größeren, durchsichtigen Plastikeimern vor den Altar getragen und durch den Bischof gesegnet. Mein Übersetzer sagt mir auf meine Frage hin, dass leider auch Olivenöl importiert werden muss. Vermutlich könnte man im hiesigen Klima auch gut Oliven kultivieren.

Auf den Altar werden viele Kelche gestellt, damit alle Priester unter beiden Gestalten kommunizieren können. Zum Schluss der Gabenbereitung bringen die Ministranten (in gelb-weißen Gewändern) die Weinflaschen offen daher, damit sie die Diakone in die Kelche einfüllen. Die Heilige Kommunion wandert zwischen uns Priestern auf großen, von Servietten abgedeckten Crometabletts herum, danach die Kelche. Die Kommunionausteilung dauert lange, ist aber von schöner Musik begleitet.

Einige Priester stehen dabei sogar auf und tänzeln, mit ausgebreiteten Armen, mit. Die Messe geht nach 2 ½ Stunden zu Ende. Denis sagt mir, dass sie damit recht flott gegangen sei.

Wir ziehen uns wieder in dem großen Raum um und gehen dann hinunter in den Innenhof des Bischofshauses. Es heißt, es schließe sich noch ein Empfang an, von dem man lange nichts merkt. Vielmehr haben alle viel Zeit, um sich herzlich zu begrüßen. Mir werden drei unserer Kandidaten vorgestellt, die in zwei Wochen ihren Erstkontrakt machen werden.

Dann wird das Zeichen gegeben, nach oben, in die Auberge, zum Empfang zu gehen. Ein größerer, nach vorn hin offener Raum ist mit einem querstehenden Tisch und zeitlich dazu gestellten Sitzreihen vorbereitet. Wie immer wird nun vor allem Bier gereicht. Es regnet draußen wieder sehr stark. Es ist aber warm. Lange dauert es, bis sich der Raum füllt. Ich setze mich nicht zu Denis an den querstehenden Tisch der Honoratioren, um diesen Platz wichtigen Leuten der Diözese zu überlassen. In der letzten Reihe finde ich eine Steckdose mit Elektrizität und setze mich dorthin, um mein Handy wieder aufzuladen. Heute konnte ich bisher noch keine Fotos machen.

Der italienischsprachige Priester kommt und setzt sich neben mich. Dank seiner Übersetzung verstehe ich die Grußadresse mit Dank eines der ältesten Priester an den Bischof und dessen Erwiderung.

Dann wird für jeden ein großer Teller mit Fleisch, Reise, Kartoffeln und Gemüse gereicht, den jeder auf dem Schoß isst. Der Empfang dauert bis 15.00 Uhr. In einem benachbarten Gebäude setze ich mich noch kurz mit unseren Kandidaten zusammen. Die Begegnung ist aber schwierig, weil sie im großen Aufbruch untergeht. Wir freuen uns aber, dass wir ja in der kommenden Woche nochmals zusammenkommen werden. Denis und ich suchen die beiden Schwestern und den Professor, damit wir abfahren können.

Muta Erinnerungsstätte an das Massaker vom 30.4.1997
Buta Erinnerungsstätte an das Massaker vom 30.4.1997
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Buta Erinnerungsstätte an das Massaker vom 30.4.1997
 

Muta Erinnerungsstätte an das Massaker vom 30.4.1997
 

 

 

 
Diesmal nehmen wir eine andere Route auf ähnlich schlechter Straße, um nach Rutana zu fahren. Auf dem Weg machen wir Halt am kleinen Seminar in Buta. Hier drangen am 30. April 1997 Rebellen in den Schlafsaal der Kinder und Jugendlichen ein und erschossen sie. Neben dem kleinen Seminar haben diese Opfer eine würdige letzte Ruhe gefunden, neben einer Kirche für Aussöhnung und Brüderlichkeit. Wir gehen bedrückt und im Gebet umher.

 
Muta - Erinnerungsstätte an das Massaker vom 30.4.1997
Buta - Erinnerungsstätte an das Massaker vom 30.4.1997
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Buta Erinnerungsstätte an das Massaker vom 30.4.1997

 

 

 

 

 

 

 

Etwa eine weitere Autostunde, das letzte Stück wieder auf recht guter, asphaltierter Straße, fahren wir zum Bischofshaus nach Rutana. Heute ist der neunte Weihetag von Bischof Bonaventure Nahimana, mit dessen Bischofsweihe zusammen auch das Bistum Rutana gegründet wurde. Denis Ndikumana gehört zu dieser Diözese.

Als wir ankommen, ist es schon dunkel. Im Auto haben wir miteinander die Vesper gebetet. Außer uns sind noch viele Gratulanten zu ihrem Bischof gekommen, vor allem viele Ordensfrauen, die in dieser Diözese Dienst tun. Am Auto empfängt uns eine Schwester und nimmt uns die Geschenke für den Bischof aus der Hand. Ich bin nicht wenig überrascht, sehe an diesem Abend aber niemanden, der dem Bischof persönlich ein Geschenk überreicht. So gelangt meine Flasche Bordeaux-Rotwein hoffentlich auf anderem Weg in seine Hände.

Begegnung mit Bischof Bonaventure Nahimana in Rutana
Begegnung mit Bischof Bonaventure Nahimana in Rutana
Wir werden in einen Empfangssaal geführt und begrüßen uns landesüblich, bevor der Bischof kommt. Es ist mir etwas unangenehm, aber ich soll neben ihm im großen Raum Platz nehmen. Der Bischof stammt aus dem Erzbistum Gitega und kennt Eichstätt von daher gut. Mehrmals war er auch schon in Deutschland. Wir sprechen über dies und das und trinken das hier obligatorische Bier. Interessant für mich ist, dass der Bischof keine Ansprache hält und sich auch nicht an die vielen Gäste im Raum wendet. Er spricht nur mit den Personen, die neben ihm zum Sitzen kommen. Die anderen unterhalten sich angeregt selbst.

Offenbar unterhält man sich hier also nicht mit dem „Geburtstagskind“, sondern genießt die Nähe zu ihm und freut sich an der Gemeinschaft miteinander. Es kommt auch Abbé Dr. Giscard Hakizimana, den ich von Eichstätt her gut kenne. Er arbeitet in Bujumbura in einem Zentrum der Bischofskonferenz für Bibelforschung und -übersetzung. Wir freuen uns, dass wir uns nach Jahren hier wiedersehen und austauschen können.

Um 20.00 Uhr brechen wir von Rutana zum großen Seminar in Kyriama auf. Ein 50minütiger Weg mit unserem Jeep erwartet uns. Zwei Drittel des Weges können wir eine gute Straße benutzen, dann beginnt wieder ein breiter Feldweg. Es sind in stockdunkler Nacht noch viele Leute auf der Straße unterwegs.

Denis blendet nicht ab, wenn er an ihnen vorbeifährt und niemand beschwert sich. Er fährt für meine Verhältnisse auch ziemlich schnell an den Leuten vorbei, die manchmal erst im letzten Moment aus dem Dunkel im Scheinwerferlicht auftauchen. Morgen früh beim Frühstück wird erzählt, dass einer der Professoren von hier, der gestern oder vorgestern in seine Heimatdiözese gefahren ist, ein Kind mit seinem Auto erwischt hat. Es wurde weggeschleudert und erlag leider seinen Verletzungen. Im Stillen bin ich äußerst dankbar, dass uns das gottlob nicht passiert ist.

Als wir nach 21.00 Uhr ins Seminar zurückkommen, bin ich von diesem Tag so geschafft, dass ich um Verständnis bitte, nichts mehr essen zu wollen. Ich ziehe mich zurück und freue mich, dass wieder Elektrizität da ist und ich meinen Bericht von gestern und einige Fotos vor dem Schlafengehen noch abschicken kann.

Fortsetzung

 

Übrigens:
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